Hitze im Büro: Wie man sich schützen kann
Die letzten beiden Sommer haben es gezeigt: so viel Urlaub, um alle heißen Tag am Badestrand zu verbringen, kann man gar nicht nehmen. Zum Ende des letzten Jahrtausends hatte man theoretisch noch die Chance, sich mit 30 Urlaubstagen wenigstens die Hälfte der besonders heißen Tage im Büro zu ersparen.
Seit dem ersten Jahrtausendsommer 2003 aber ist die Tendenz eindeutig: Es gibt immer mehr Sommertage mit Temperaturen über 25 Grad pro Jahr, und sie lassen sich auch nicht auf den klassischen Urlaubsmonat Juli konzentrieren. Um die 100 Sommertage pro Jahr scheinen zur Normalität zu werden, und die Chance, einen Arbeitstag mit extremer „Affenhitze“ zu erwischen, erstreckt sich mittlerweile auf die Zeitdauer von April bis Oktober. Sich gegen Hitze im Büro zu wappnen, ist zum absoluten Erfordernis der Zeit geworden.
Hitze im Büro: die Anforderungen steigen
Nicht nur die Anzahl, sondern auch die Intensität der besonders heißen Tage nimmt zu. Die Sommer der letzten beiden Jahre brachten immer neue Temperaturrekorde.
Das Besondere: Alle Regionen in Mitteleuropa sind daran beteiligt. Deutschlands Rekord in Sachen Höchsttemperatur hat mittlerweile die 40-Grad-Marke überschritten, und in vielen anderen Landesteilen liegen die Bestmarken nicht allzu weit darunter.
An solchen Tagen im Büro einen kühlen Kopf zu bewahren, fällt schwer. Je näher die Außentemperatur an die körpereigene Temperatur herankommt, desto weniger mag der Körper aus seiner Sicht überflüssige Leistung. Eigentlich ist Ruhe angesagt, um den Energiehaushalt stabil zu halten.
Seit ewigen Zeiten gibt es deshalb in den südlichen Ländern die Siesta oder wenigstens zwei Stunden Mittagspause. Wo es nur geht, sucht man im mediterranen Raum bis 14 Uhr die Arbeit abgeschlossen zu haben. Darauf ist der klassische deutsche Arbeitstag überhaupt nicht eingestellt. Denn nach der üblichen Mittagspause um 12 Uhr wird die Hitze ja überhaupt erst zum unerträglichen Übel. Die Leistungskurve für die zweite Hälfte des Arbeitstages neigt sich rasant nach unten. Das ist weder für die Arbeitgeber noch für die Arbeitnehmer angenehm.
Während die drückende Wirkung der Hitze ihren oberen Zenit erreicht, soll das Büro weiter so gut funktionieren wie immer – physiologisch gesehen gar nicht möglich. Weltweite Studien beweisen: zu viel Hitze oder zu viel Kälte erhöht die Fehlerquote von Mitarbeitern.
Der ideale Wert scheint bei frühlingshaften Temperaturen um die 23 Grad im Büro zu liegen, wobei dabei natürlich auch noch andere Parameter eine Rolle spielen wie Luftfeuchtigkeit oder abrupte Temperaturwechsel. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten in dieser Frage Hand in Hand arbeiten, um gemeinsam zum allgemeinen Wohlbefinden zu gelangen – so wie es sich ja bereits in vielen Fragen der Arbeitsbedingungen entwickelt hat.
Für beide Seiten ist es vorteilhaft, die Temperaturen im Büro erträglich zu halten. Arbeitgeber sind gut beraten, ihre MitarbeiterInnen vor zu viel Hitze zu schützen. Und wer im Büro arbeitet, legt schon von selbst Wert darauf, an einem besonders heißen Tag nicht „unter die Räder zu kommen“. In der Tat gibt es ja auch einige Möglichkeiten, der neuen Hitzewelle wirkungsvoll zu begegnen.
Tipps gegen die Hitze im Büro
Frühmorgens lüften und den Sonnenschutz am Fenster schon herunterlassen, wenn noch keine Sonneneinstrahlung darauf fällt – damit ist schon einmal viel gewonnen.
Diesen Auftrag, Reinigungskolonnen mitzugeben, die nachts oder am frühen Morgen in Bürohäusern unterwegs sind, bringt einen guten Vorlauf, der sich den ganzen Tag über günstig auswirkt. Alternativ können sich auch Bürogemeinschaften darauf einigen, dass in Hitzeperioden ein Kollege erheblich früher vor Ort ist, und diese vorbeugenden Maßnahmen realisiert.
Wenn man sich mit dem Chef einig wird, hilft auch ein früherer Arbeitsbeginn allen sehr. Sollten einige Kollegen das nicht können oder wollen, bleibt immer noch die Kernarbeitszeit, in der arbeitsteilig organisierte Projekte abgearbeitet werden können.
Zirkulierende Luft wird immer kühler empfunden als stehende Luft. Der Gedanke, alle Fenster aufzureißen und einen kräftigen Durchzug zu organisieren, ist allerdings kontraproduktiv. Denn damit gelangt die heiße Luft in vollen Zügen ins Büro. Fenster geschlossen halten, auch wenn das von manchem als „bedrückend“ empfunden wird, ist oberstes Gebot.
Der Luftzug lässt sich auch mittels Ventilatoren herstellen. Wer den Luftzug direkt am Körper spüren will, richtet den Rotor aber lieber nur auf den Körper Torso. Das Gesicht oder die Füße sind bessere Angriffszonen für Erkältungen.
Der Markt hat bereits auf die heißen Innentemperaturen in Deutschland reagiert. Das Angebot an kühlenden Elementen bis hin zum Einsatz von Eis oder Wasserverdunstern steigt von Jahr zu Jahr. Allerdings ist es noch immer so, dass die Geräte für bessere Temperaturen nicht erst dann erworben werden, wenn die Hitze am größten ist. Denn dann sind viele der Kühlhelfer schon wieder ausverkauft oder man muss sich mit teureren Geräten abfinden.
Individuelle Tipps gegen die Hitze im Büro
Bei Hitze die richtige Kleidung für das Büro wählen – dieser Tipp ist gar nicht so einfach zu handhaben, wie er sich anhört. Denn in vielen öffentlichen Einrichtungen oder Firmen mit hohem Kundenaufkommen gibt es einige No Gos.
Kurze Hosen und Safari-Hemd wecken bei keinem das Gefühl von erhöhter Leistungsbereitschaft. Oft ist sogar eine echte Dienstkleidung angesagt oder ein bestimmter Dresscode. Auch klar: eine vorgeschriebene Arbeitsschutzkleidung kann natürlich nicht durch eine „Sommervariante“ ersetzt werden.
Deswegen ist es viel besser, bei hohen Temperaturen auf das richtige Material zu achten. Bekleidung aus Leinen- oder Baumwollstoffe ist optimal. Sie steht natürlich auch als Bekleidungsvarianten zur Verfügung, die für den Bürobetrieb geeignet ist. Einen etwas lockereren oder luftigeren Sitz wird keiner bemängeln, solange das Ganze nicht in Richtung Schlabberlook tendiert.
Der Verzicht auf Sandalen, Spaghettiträger oder generell größere Körperfreiheit sollte auch mit Rücksicht auf die Kollegen vermieden werden. Denn jede Schweiß-Entwicklung führt auch zu einer drastischen Zunahme von Gerüchen, die besser „unter der Decke“ bleiben. Auch das Umziehen in der Mittagspause sollte kein Tabu sein. Der ungebremste Gebrauch von Deodorant ist übrigens nicht besonders hilfreich. Der angenehme Geruch gelangt von einer schwitzenden Haut nur extrem kontaminiert in die Umgebung.
Den Körper kühlen ist zwar angesagt, aber das geht auch einfacher und effektiver. In kürzeren Zeitabständen Hände, Hals und Gesicht mit kalten Wasser kühlen, kann einen ganzen Arbeitstag überbrücken und zwischendurch sogar noch Frische-Impulse geben.
Wer auf eine kontinuierliche Wirkung angewiesen ist, kann mit feuchten Tüchern arbeiten. Um die Handgelenke oder Knöchel gebunden bewirken sie wahre Wunder.
Das Beste ist natürlich, die Füße in eine Schüssel mit Wasser zu stellen. Dies allerdings ist in den wenigsten Büros möglich. Die Alternative sind Coolpacks, mit denen die Füße unauffällig unter dem Schreibtisch gekühlt werden können.
Ernährungstipps gegen die Hitze im Büro
Hitze verursacht Durst - mehr Trinken ist eine normale Reaktion des Körpers. Allerdings liegt unser Wahrnehmungspegel in dieser Frage sehr weit unten. Zwei bis drei Liter Flüssigkeit (abhängig von der Körpergröße) sollte jeder Mensch täglich zu sich nehmen, egal wie das Wetter ist. Allein dieser Wert wird immer allgemein unterschritten.
Wenn wir in Zeiten starker Hitze dann doch auf diesen Normalwert kommen, so hilft er im speziellen Falle aber auch nicht viel weiter. Denn dann müssen es eben noch einmal zwei Liter mehr sein. Es ist daher günstig, turnusmäßig Flüssigkeit zu sich zu nehmen und nicht zu warten, bis das Durstgefühl überhandnimmt.
Auch, was getrunken wird, ist entscheidend. Im Büro regiert nun einmal der Kaffee – aber der hat die unangenehme und für Hitze kontraproduktive Eigenschaft, dem Körper das Wasser auch schnell wieder zu entziehen. Kalter Tee ist die viel bessere Variante und Wasser in jedem Fall gut.
Da beim Schwitzen auch viele Mineralstoffe verloren gehen, sind entsprechend aufgewertete Wasserarten ideal. Die viel gepriesenen isotonischen Getränke sind eher etwas für Sportler. Denn das Verhältnis von Nährstoffen in der Flüssigkeit entspricht dem des menschlichen Blutes und dadurch besser verdaulich. Wenn ein erhöhter Bedarf an Mineralstoffen besteht, dann sind Elektrolytgetränke das Richtige. Sie ersetzen Mineralstoffe wie Kalzium, Kalium, Natrium, Magnesium oder Chlorid sehr schnell.
Leicht essen ist nicht nur bei Hitze empfehlenswert, aber hier besonders wertvoll. Wer leicht verdauliche Stoffe zu sich nimmt, tut seinem Körper gerade in der speziellen Situation der Hitzebekämpfung etwas Gutes. Denn er muss dann nicht zusätzliche Energiereserven für die Verdauung aufbringen, sondern kann im Standby-Modus verharren.
Das Gefühl der Schläfrigkeit nach üppigem Essen ist nichts weiter als die Körperreaktion auf eine energetische Leistung. Salate, Obst oder Geflügel sind optimal. Sie frischen die Energiereserven auf, ohne Energie vom Körper abzuziehen.
Hitze im Büro – was sagt der Arbeitsschutz?
Die Raumtemperatur spielt beim Arbeitsschutz eine Rolle, und deswegen wird die zulässige Raumtemperatur auch in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) geregelt.
Zwar gibt es hier nur allgemeine Hinweise, wie die Abschirmung von Arbeitsplätzen gegen direkte Sonneneinstrahlung erfolgen kann, oder dass Arbeitnehmer durch die Maßnahmen nicht in ihrer Leistungsfähigkeit beeinträchtigt werden dürfen.
Der Kernpunkt ist das „gesundheitlich zuträgliche Klima“, das in einem Arbeitsraum herrschen soll (sofern keine bestimmten Bedingungen erfüllt werden müssen – und das trifft ja wohl auf die absolut meisten Arbeitsräume zu).
Aber für die konkreten Maßnahmen wird eindeutig auf die technische Regel für Arbeitsstätten, A3.5, verwiesen. Dort wird die Arbeitsraumtemperatur sogar von der Schwere der Beschäftigung und der Art der überwiegenden Körperhaltung abhängig gemacht.
Je schwerer die körperliche Anstrengung, desto niedriger natürlich die Temperatur. Für sitzende Tätigkeit im Büro sind hier 19 bis 20 Grad vorgesehen. Sie ist ein Beispiel für leichte Arbeiten, das mit einer ruhigen Sitz- oder Stehhaltung (inklusive gelegentliches Gehen) und leichten Bewegungen von Hand und Armen vollführt.
Ob leicht, mittelschwer oder schwer: alle Arbeitsarten unterliegen dem Schutz von Temperaturen über 26 Grad (sofern für bestimmte Arbeiten keine Sonderregelung eingerichtet ist).
Bei Hitze im Büro über 26 Grad muss auch der Geber leichter Arbeiten nach der Regel A3.5 Schutzmaßnahmen vornehmen.
Dazu gehören:
- Einrichten von Vordächern
- Installation von reflektierenden Vorrichtungen an den Fenstern
- Sonnenschutzverglasungen
- Begrünung vor Bereichen mit Lichteinfall
Ab 30 Grad im Büro sind die Hinweise der technischen Regel binden. Der Arbeitgeber kann immer noch aus mehreren Vorschlägen schöpfen, aber er muss es auch unbedingt tun.
Arbeitsschutz – wenn die Hitze im Büro nicht mehr hinnehmbar ist
Bei einer Temperatur von +30° C müssen am Arbeitsplatz effektive Maßnahmen eingeleitet werden, um die Temperatur zu senken, wie z. B. Lüftungseinrichtungen. Es ist aber auch möglich, durch lockere Bekleidungsregeln oder das Bereitstellen von kühlenden Getränken das individuelle Empfinden zu verbessern.
Ab +35° C in einem Arbeitsraum hilft gar nichts mehr. Der Raum wird dann nicht mehr als Arbeitsraum eingestuft. Also muss die Raumtemperatur auch im Büro laut Arbeitsstättenverordnung immer unter diesem Wert liegen.
Und: Temperaturen über 26 Grad sind nur zulässig, wenn die Außentemperatur diesen Wert auch überschreitet und nachweislich Hitzeschutz installiert wurde.
Das heißt indes nicht, dass es nun sozusagen „hitzefrei“ wie in der Schule gibt. Der Arbeitgeber kann einen Arbeitsraum zur Verfügung stellen, der den Temperaturanforderungen genügt, und den Mitarbeiter weiter beschäftigen.
Hitze im Büro – was sagt die Gewerkschaft
Die Gewerkschaften berufen sich in ihren Stellungnahmen zum Hitzeschutz natürlich auch auf die Arbeitsstättenverordnung mit der technischen Regel A3.5. Sie schlagen aber auch weitere Maßnahmen vor, die dem Arbeitgeber wie dem Arbeitnehmer das konstruktive Arbeiten auch bei Hitze ermöglichen.
Ganz Tarifpartner steht dabei die Arbeitszeit im Vordergrund. Sie könne täglich verkürzt werden, beispielsweise auf maximal sechs Stunden pro Arbeitstag. Bei 29 bis 31 Grad Innenraumtemperatur hält die IG Metall sogar maximal vier Stunden für hilfreich. Bei höheren Temperaturen sieht die Gewerkschaft nur noch Notfallarbeiten als zulässig an.
Dieser Standpunkt ist Arbeitgebern sicherlich schwer vermittelbar, aber auf eine günstigere Pausenregelung ließen sie sich womöglich doch ein. Denn dann würde es sie nur mit einer zusätzlichen, auf die Arbeitszeit anzurechnenden Stunde treffen, die für Pausen zur Verfügung steht.
Auch von den Kollegen aus dem Süden könne man lernen; wenn die Arbeitszeiten früher beginnen, wären sie vor der ganz großen Hitze auch zu Ende.
Fazit
Damit schließt sich der Kreis der Erwägungen zum Hitzeschutz in Büros. Wenn Deutschland nach und nach ähnliche Temperaturen bekommt, weswegen man früher in den Süden fuhr, wird es Zeit, umzudenken.
Zwar gibt es einen gesetzlich geregelten deutschen Arbeitsschutz, der auch zu hohe Temperaturen im Büro verhindert. Aber dieser Schutz stammt noch aus einer Zeit, als besonders heiße Tage die Ausnahme waren. Arbeitnehmer mit individuellen Hilfsmaßnahmen gegen die Hitze im Büro auf Dauer allein zu lassen, liegt auch nicht im Interesse der Arbeitgeber.
Die neue Arbeitskultur legt eigentlich nahe, dass gemeinsam mit dem Arbeitnehmer gehandelt wird. Aber um dem ganzen Nachdruck zu verleihen, ist ein Update der gesetzlichen Regelungen sicher hilfreich.